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Für Themen wie Frauenrechte oder auch Rechte für Lesben und Schwule sollten andere Maßstäbe gelten als innerkirchliche.

Foto: apa/Michael Kappeler

Nicht-KatholikInnen staunen nicht schlecht, wofür Kirchenvertretern das Siegel "modern" verliehen wird. Allen voran Papst Franziskus. In den vergangenen Monaten wurde er oft und gern als "weltoffen", "fortschrittlich", "tolerant" und als einer, der die Kirche ins 21. Jahrhundert begleiten kann, beschrieben.

Am Montag bezog der Papst mehr als deutlich Position zur Abtreibung, indem er diese scharf verurteilte: "Allein schon der Gedanke, dass Kinder als Abtreibungsopfer niemals das Licht der Welt erblicken werden, lässt mich schaudern." Ob dies nun etwas an dem bisher so weitverbreiteten wohlwollenden Urteil über Papst Franziskus ändert? Schließlich ist es bei weitem nicht die erste Aussage des Papstes, die mit dieser vielzitierten Toleranz wohl herzlich wenig zu tun hat.

Hoch rechnet man es dem Papst an, dass er Bescheidenheit fordert, sein eigenes Amt reformieren will und den Kapitalismus in seiner "Wurzel als ungerecht" kritisiert. Gesellschaftspolitisch ließ der Papst im Juli mit der Aussage aufhorchen, wer er denn sei, um Schwule und Lesben verurteilen zu dürfen. Gnade lässt der Papst also walten, allerdings gilt dies nur für jene Homosexuelle, die "den Herrn suchen", denn: "Wenn sich jemand verliert, muss ihm geholfen werden."

Toleranz auf katholisch

Homosexualität als Verirrung zu bezeichnen - so geht Toleranz und Reformwille also auf katholisch. Trotz dieser Beleidigung wird er weltweit als progressiv gefeiert. Dass der Papst aber alles andere als neue Wege einschlägt, zeigen auch seine aktuellsten Aussagen über Schwangerschaftsabbrüche. Der Gedanke an Abtreibung ist für ihn "Horror". Besonders perfide ist dabei die Verknüpfung seiner Haltung zu Abtreibung mit seinen üblichen kapitalismuskritischen Tönen: Abtreibung sei ein "Beweis der heutigen Wegwerfkultur".

Nicht genug, dass jede noch so homophobe und zutiefst frauenfeindliche Aussage Teil des öffentlichen Diskurses wird, weil sie vom höchsten katholischen Würdenträger kommt. Ein weiterer Schlag ins Gesicht, aktuell in das von Frauen, ist es, wenn dieser Papst als "weltoffen" und "modern" dargestellt wird.

Realitätsnahe Einschätzung

Dabei sollte es doch in der Öffentlichkeit selbstverständlich sein, dass gerade für Themen wie Frauenrechte oder auch Rechte für Lesben und Schwule andere Maßstäbe gelten sollten als innerkirchliche. Denn nur so kommen wir wieder zu einer realitätsnahen Einschätzung des Status quo der katholischen Kirche. Und Verwirrungen über die Definition von "Toleranz" oder "Modernität" bleiben uns auch erspart. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 14.1.2014)