Unser kleiner Sprachkurs wird sich spätestens bei Ihrem nächsten Jugo..., ähm, Kroatien-Urlaub bezahlt machen.

Foto: privat

Wollten Sie schon immer den famosen Sprech, bekannt aus Film, Fernsehen, Theater und Kabarett, beherrschen? Fühlen Sie sich unter Druck und ausgeschlossen, wenn Sie im Büro, im Freundeskreis und in der Straßenbahn beim Plausch und den Insiderwitzen nicht mitreden können?

Seien sie beruhigt! Leid und Ausgrenzung haben nun ein Ende. daStandard.at hat für Sie einen Einstiegskurs vorbereitet. In wenigen Schritten können sie wieder am sprachwörtlichen Puls der Zeit sein!

Mixati

Glücklicherweise können Sie beim Jugo-Deutsch auf bereits existierenden Wortschatz aufbauen. An deutsche Verben wird ganz einfach die Infinitivendung -iti oder bei Verkürzung -ati (je nach Gefühl) angehängt. Aus dem Wort "sparen" wird somit "šparati", aus dem Wort "mixen" wird "mixati". "Schlafen" transformiert zu "schlafeniti", und was "leseniti" bedeutet, können Sie nun bestimmt selbst ganz einfach herausfinden.

Nomen bleiben natürlich auch nicht verschont. Hier brauchen Sie im Repertoire die Endungen -ić (männlich) und -ica (weiblich) sowie -i (Plural). Ihre Kollegin wird so zur Kollegica, die berühmten Gastarbeiter zu Gastarbajteri und ihr Chef zu Chefić. Bonus: -ić verwandelt jedes Wort in einen Diminutiv und hat somit auch eine liebenswürdige Komponente; so können Sie Ihrer Identifikation mit Ihrem Unternehmen einen intimen Touch geben.

Essterajch

Bei Gastarbajteri ist den besonders motivierten Lernenden schon etwas aufgefallen. "Ei" wurde zu "aj", und ganz allgemein kann man sagen: weg mit den unnötig schwierigen Diphtongen und Umlauten! "Eu" wird zu "oj", "ie" und stummes h verschwinden. Der "Mistkübel" wird zum "Mistkibel", das Gemüse ist "Gemise", und wer "müde" ist, sagt gar "mide". "Österreich" wird konsequent zu Essterajch. Ihre Mitmenschen werden Sie für Ihren exotischen Akzent bewundern!

Tz! Šipak schulde ich dir Geld! 

Der letzte Touch kommt mit den Redewendungen, Sprachpartikeln und Satzfragmenten, die für die Pflege dieser Prestigesprache besonders wichtig sind. Statt "nein" geben Sie am besten nur mehr kopfschüttelnd und stirnrunzelnd einen "tz"-Laut von sich: So ökonomisch sind wir Sprachenmischer! Diese Leistung muss erst jemand nachmachen.

"Šipak" (wörtlich: Granatapfel oder Hagebutte) ist ein Wort mit multiplen Einsatzmöglichkeiten, das in Ihrem Jugo-Deutsch auf gar keinen Fall fehlen darf. "Šipak schulde ich dir Geld!" könnte man übersetzen mit "Blödsinn, meine finanzielle Situation ist abgesichert!". Statt als Füllwort im Sinne von "Blödsinn" oder "ein Scheiß" kann man "Šipak" auch als Alternative zu "nichts" verwenden: "Bekommenit? Von mir? Šipak."

Und zum Schluss das unverzichtbare "Hajde!", das Deutsch-Jugo-Mischer sogar gleich mit mehreren Kulturkreisen (türkisch, arabisch, wienerisch) verbindet: Es heißt so viel wie "Gemma!" und kann nun wirklich an den Anfang oder das Ende jedes Satzes gestellt werden: "Hajde, ausprobireniti Jugo-Dojtsch!" (Olja Alvir, Jelena Gučanin, Siniša Puktalović, daStandard.at, 10.4.2014)