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Aktrice Ok So-ri wurde 2008 wegen Ehebruchs verurteilt.

Foto: AP / Kim Do-yun

Seoul/Wien - Es war im Südkorea des Jahres 1953, als sich die Regierenden etwas Spezielles ausdachten. Die Gesellschaft war von Männern dominiert, Frauen konnten sich glücklich schätzen, wenn sie eine gute Partie machten. Schafften sie es in den Hafen der Ehe, gab es daraus kein Entrinnen mehr - schließlich waren Scheidungen zu jener Zeit verpönt und daher äußerst selten. Damit Südkoreas Ehemänner aus dieser für sie vorteilhaften Konstellation keinen Nutzen zogen, wurde beschlossen, Ehebruch mit bis zu zwei Jahren Haft zu bestrafen.

Erst 62 Jahre später hob das Verfassungsgericht das Gesetz nun auf. Ehebruch könne als unmoralisch verurteilt werden, doch der Staat dürfe sich nicht in das Privatleben von Eheleuten einmischen, begründete Gerichtspräsident Park Han-chul am Donnerstag das Urteil.

Dieser Entscheidung waren zahllose Diskussionen vorangegangen, ob das Ehebruch-Gesetz noch in das moderne Südkorea des 21. Jahrhunderts passe. Am hitzigsten war die Debatte, als 2008 die bekannte südkoreanische Schauspielerin Ok So-ri wegen Ehebruchs zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde. Die Aktrice wandte sich daraufhin an das Verfassungsgericht, dass das Gesetz mit einer knappen Mehrheit von sechs zu fünf Richtern durchwinkte und meinte, Ehebruch gefährde die soziale Ordnung.

Gesellschaftlicher Wandel

Seitdem nahmen in Südkorea die Verurteilungen wegen Ehebruchs sukzessive ab, und dass jemand dafür ins Gefängnis wandert, war im Jahr 2014 trotz 892 Anklagen kein einziges Mal der Fall. Mit der jetzigen Entscheidung des südkoreanischen Gerichts, dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung zu tragen, bleiben mit Taiwan und den Philippinen nur mehr zwei asiatische Länder, in denen Ehebruch als Straftat gilt. Übrigens: Auch in 21 US-Bundesstaaten ist Ehebruch gesetzlich verboten.

An der Seouler Börse wurde das Urteil positiv aufgenommen. Die südkoreanische Kondomfirma Unidus Corp., eine der größten der Welt, legte um 15 Prozent zu. Und die Aktie von Hyundai Pharmaceutical, Produzent von Anti-Baby-Pillen und Schwangerschaftstests, machte einen Sprung nach oben um 9,7 Prozent. (ksh, DER STANDARD, 27.2.2015))