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Bald ein Bild der Vergangenheit: Rauchen in Lokalen soll ab 2018 gänzlich untersagt sein.

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Grafik: Der Standard

Mit der Zigarette nach einem Essen soll es bald vorbei sein. Zumindest in der Gastronomie. Am Freitag präsentierten Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) den Gesetzesentwurf für ein neues Tabakgesetz. Dieser sieht vor, dass ab Mai 2018 alle Gastronomiebetriebe rauchfrei sein müssen. Sonderregelungen wie getrennte Raucherräume entfallen.

"Die bestehende Regelung funktioniert nicht", sagt Mitterlehner. Etwa 15.000 Anzeigen gab es wegen Nichteinhaltens des Rauchverbots. Der Wirtschaftsminister vermutet aber eine "große Dunkelziffer". Der Schutz würde in praktisch allen europäischen Ländern durchgezogen (siehe Grafik). "In Österreich hatten wir eine halbherzige Lösung." Jährlich sterben fünf Millionen Menschen an Folgen von Tabakkonsum, hinzu kommen 600.000 Tote durch Passivrauchen. "Wir erwarten einen Rückgang der allgemeinen Raucherinzidenz", sagt Oberhauser. In Ländern, die bereits ein generelles Rauchverbot haben, sei schon in den ersten Monaten eine "deutliche Reduktion von Herz-Kreislauf-Erkrankungen" zu sehen gewesen.

Oberhauser will das noch durch zahlreiche Kampagnen unterstützen. Zusammen mit anderen Ministerien und den Krankenkassen wolle man erreichen, dass "die erste Zigarette erst gar nicht geraucht wird" und möglichst viele aufhören.

Gleiche Wettbewerbsbedingungen

Der Schutz von Nichtrauchern solle jedoch nicht "auf den Rücken der Gastwirte" ausgetragen werden, sagt Mitterlehner. Um gleiche "Wettbewerbsbedingungen" zu schaffen, soll das Verbot in allen Räumen, die für die Herstellung, Verarbeitung, Verabreichung oder Einnahme von Speisen und Getränken verwendet werden, gelten. Zudem sind Mehrzweckhallen, Vereinslokale und Zeltfeste künftig von den Regelungen zum Nichtraucherschutz betroffen. Eine Ausnahme gibt es für Hotels: In abgetrennten Bereichen, in denen es kein Service mit Essen und Getränken gibt und wo Besucher auch nichts mitnehmen können, soll das Rauchen weiterhin erlaubt bleiben.

Klagen gegen Hotel-Ausnahme

Petra Nocker-Schwar zenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer, fordert hier eine Ausweitung auf gewerbliche Gastronomiebetriebe ohne Beherbergung – also, dass auch Restaurants solche "Raucherzimmer" haben können. Wirte prüfen bereits Klagen gegen diese Ungleichbehandlung (siehe Interview). Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk sieht aber keine verfassungsrechtliche Diskriminierung: "Es gibt einen Unterschied zwischen Betrieben, die Speisen servieren, und Hotels, deren Zweck es ist, eine Unterkunft zu bieten", sagte er dem STANDARD. Die Unterscheidung sei "sachlich vertretbar". Das Rauchen in Gast- und Schanigärten bleibt weiterhin erlaubt.

Kritik an zu langer Frist

Für das neue Tabakgesetz ist eine knapp dreijährige Übergangsfrist bis 1. Mai 2018 vorgesehen. Dadurch sollen die betroffenen Betriebe Zeit haben, um sich auf die neue Situation einzustellen. Dies ist für Grünen-Chefin Eva Glawischnig "inakzeptabel": Es komme einem "Kniefall vor der Wirtschaftskammer" auf Kosten der Gesundheit gleich.

Auch für Walter Voitl-Bliem von der Initiative Don’t Smoke ist die Frist "ein Wermutstropfen". Er kritisiert, dass für die Hotel-Raucherräume keine Verpflichtung zu technischen Vorrichtungen wie Abzugsanlagen vorgesehen ist.

Die Neos sehen in dem Gesetzesentwurf einen "Pfusch", der in die Verlängerung geht: Es sei wieder eine "halbherzige Reparatur des Gesetzes", sagt NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Die alte Lösung sei von Anfang an nicht zukunftsfähig gewesen und hätte die Wirte viel Geld gekostet.

Prämie für schnelle Umsetzung

Gastwirte, die vor Juli 2016 den Rauch aus ihren Räumen vertreiben, bekommen eine Prämie von zehn Prozent des Restbuchwerts der Umbaumaßnahmen zur Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche ausgezahlt – wenn diese noch nicht steuerlich berücksichtigt wurden. Ihre Investitionen können sie auch weiterhin abschreiben. Die Kosten für den Staat schätzte Mitterlehner zwischen fünf und 20 Millionen Euro.

Trotzdem vertritt die FPÖ die Meinung, dass die ÖVP, entgegen der Beteuerungen ihrer Wirtschaftskammer, die Wirte verraten habe und diese vermutlich auf ihren Kosten sitzen bleiben würden, kritisierte Heinz Christian Strache: "Es ist doch wirklich kein Problem, wenn die Bürger frei wählen dürfen, ob sie in ein Raucher-, Nichtraucher oder in ein gemischtes Lokal gehen."

Letztgültige Regelung hielt sechs Jahre

Die Novelle wird die seit 2009 gültige Regelung umwerfen, die Besitzer von Lokalen über 50 Quadratmeter Fläche verpflichtete, Raucherbereiche von Nichtraucherbereichen zu trennen. Gastronomen mit kleineren Lokalen konnten entscheiden, ob sie ein Raucher- oder ein Nichtraucherlokal führen wollten. Laut der Wirtschaftskammer haben die Wirte seither rund 100 Millionen Euro in entsprechende Umbauten investiert.

Der Gesetzesentwurf soll bis zur Sommerpause im Nationalrat beschlossen werden.

Die aktuelle Diskussion über eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen war durch den Lungenkrebstod des Journalisten Kurt Kuch ausgelöst worden, der an der Initiative "Don't Smoke" beteiligt war. (Oona Kroisleitner, DER STANDARD, 11.4.2015)