Warnt eindringlich vor einem blauen Präsidenten – und bald einem blauen Kanzler: Hofburg-Anwärter Alexander Van der Bellen wandte sich am Donnerstag vor allem an die Unentschlossenen.

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Wien – Nach dem eher sanften Umgang mit seinem blauen Konkurrenten Norbert Hofer zu Beginn des Stich-Wahlkampfes schlägt Hofburg-Anwärter Alexander Van der Bellen, einst Chef der Grünen, härtere Töne an: Am Donnerstag warnte er im Presseclub Concordia in Wien vor den Konsequenzen eines Staatsoberhaupts, das auch deutschnationaler Burschenschafter ist. "Das ist die wichtigste Bundespräsidentenwahl der Zweiten Republik", sagte Van der Bellen, es stehe "Spitz auf Knopf" – und angesichts der innenpolitischen Lage drohe mit Heinz-Christian Strache bald auch noch ein blauer Kanzler. Die zentrale Frage aus seiner Sicht lautet daher: "Wollen die Österreicherinnen und Österreicher eine blaue Republik?"

Ausreizen der Verfassung

Denn Hofers Ziel sei es, FPÖ-Chef Strache so rasch wie möglich zum Regierungsoberhaupt zu machen. Dazu warnte Van der Bellen davor, dass dieser als künftiger Bundespräsident bei einem Ausreizen der Verfassung eine Staatskrise auslösen könne – und das würde dann das Ende der Zweiten Republik bedeuten. Eine Anspielung darauf, dass Hofer angekündigt hat, die Regierung zu entlassen, wenn diese aus seiner Sicht inadäquate Entscheidungen trifft, etwa wie während des Flüchtlingsandrangs im vergangenen Jahr. Außerdem habe Hofer gesagt: "Sie werden sich noch wundern, was alles geht!", erinnerte Van der Bellen.

Der FPÖ gehe es darum, wenn sie an die Macht komme, Grenzzäune wieder hochzuziehen, Schengen außer Kraft zu setzen und Österreichs Isolierung in der EU zu betreiben. Denn Strache agiere jetzt schon wie "ein Elefant im europäischen Porzellanladen", indem er Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel aus dem Amt jagen wolle, Italiens Premier Matteo Renzi quasi als Schlepper verunglimpfe und für Südtirol nach Jahrzehnten der friedlichen Koexistenz und Kooperation nun ein Referendum in Aussicht stelle.

Untergriffe, die Böses ahnen lassen

Dazu müssten er selbst und seine Unterstützer sich jetzt schon schlimme Untergriffe von der FPÖ gefallen lassen – siehe "faschistischer Diktator" (Hofer über VdB) und "Rattenfänger" (FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl über VdB). Das Personenkomitee, in dem sich einfache Leute, aber auch Schriftsteller wie Christine Nöstlinger und der Bautycoon Hans Peter Haselsteiner engagieren, werde von Hofer als "Hautevolee", also als Schickeria, abgetan. Ein böses Vorzeichen für alle Andersdenkenden, wenn die FPÖ die höchsten Ämter des Landes bekleide, meint der ehemalige grüne Chef.

Daher Van der Bellens eindringlicher Appell an alle Unentschlossenen: "Jeden, der mich nicht leiden kann, der Hofer aber noch weniger leiden kann, den bitte ich, am 22. Mai zur Wahl zu gehen und ein Auge zuzudrücken. Nutzen Sie Ihre Stimme, denn wer weiß wählt, wählt Norbert Hofer." Zu alledem habe die FPÖ mit der Kärntner Hypo schon einmal ein milliardenschweres Debakel angerichtet. (Nina Weißensteiner, 12.5.2016)