Foto: Screenshot/Hoaxmap

Flüchtlinge wildern Schwäne, um sie zu verspeisen; schänden Gräber; bezahlen teure Smartphones mit Caritas-Gutscheinen: In den vergangenen Monaten kursierten im Netz viele Falschmeldungen, die von Journalisten widerlegt werden konnten. Die Initiative Hoaxmap sammelt diese, mittlerweile sind auf der Seite mehr als 400 Falschmeldungen aufgeführt. Am Chaos Computer Congress 33C3 in Hamburg lieferten die Betreiber des Projekts, Social-Media-Redakteurin Karolin Schwarz und Softwareentwickler Lutz Helm, nun einen Überblick über die Erfahrungen der vergangenen Monate.

Microsoft kauft katholische Kirche

Schwarz stellt gleich zu Beginn klar, dass der Begriff "Fake-News" alles andere als neu ist: Bereits 1994 kursierte etwa das als "Fake-News" betitelte Gerücht, Microsoft würde die katholische Kirche kaufen – und schon damals musste das Unternehmen dem mit einem offiziellen Dementi entgegentreten. Allerdings haben die Auswirkungen von Internetgerüchten 2016 eine neue Dimension erreicht: Der Fall "Lisa" etwa um die widerlegte Vergewaltigung einer Russlanddeutschen sorgte sogar für diplomatische Turbulenzen.

Zahlreiche Gerüchte über Flüchtlinge

Laut Hoaxmap, das für den Grimme Online Award nominiert war, gab es besonders nach der Verschärfung der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 einen Anstieg an Gerüchten über Asylwerber. Die meisten Falschmeldungen waren um den Jänner 2016 zu beobachten. Relativ zur Einwohnerzahl waren es besonders die ostdeutschen Bundesländer Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, in denen Gerüchte über Flüchtlinge kursiert sind.

Am Dienstag präsentierten die Hoaxmap-Betreiber ihre Erkenntnisse am 33C3.

Parlamentarische Anfragen

Fake-News würden etwa entstehen, indem aus mehreren echten, also richtigen Meldungen eine neue Nachricht zusammengemischt werde, erklärten die Hoaxmap-Betreiber am 33C3. Teilweise schafften es die Gerüchte sogar, zu parlamentarischen Anfragen rechter Parteien zu werden. Die AfD fragte etwa nach einer "Vergewaltigung im Maxim-Gorki-Park", der laut sächsischer Regierung nicht existiert.

In Österreich fragte die FPÖ, "um Gerüchte ausräumen zu können", ob Asylwerber "von der Telekom Austria Mobiltelefone kostenlos zur Verfügung gestellt bekamen". Dies hätten der FPÖ "Medienvertreter und Brancheninsider" berichtet. Außerdem fragte die FPÖ nach einer Welle an Gerüchten im Netz, ob Flüchtlingshelfer am Westbahnhof "bezahlte Promotoren" gewesen sind.

Laut den Betreibern der Hoaxmap gehört die FPÖ im deutschsprachigen Raum zu den Top-Ten-Verbreitern von Gerüchten. Auch die AfD soll unbestätigte und teilweise widerlegte Gerüchte stark verbreitet haben, ebenso die CDU.

Suche nach Lösungen

Unklar ist, welche Lösungen gegen Fake-News erfolgreich sein könnten. Die Betreiber der Hoaxmap sind skeptisch, ob das "Melden" von Beiträgen durch Nutzer tatsächlich zum Erfolg führt. "Man sieht schon im Bereich Hate-Speech, wie das nicht funktioniert", sagte Schwarz. Auch die Einrichtung eines "Abwehrzentrums" gegen Fake-News sowie ein gesetzliches Verbot werden mehr als kritisch gesehen. Beschäftigen könnte sich dieses gleich mit einem ihrer Befürworter, wie Schwarz vorschlägt: Denn der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte selbst falsche Zahlen die Flüchtlinge betreffend verbreitet. (fsc, 29.12.2016)