Oslo – Der Friedensnobelpreis 2020 geht an das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen. Das gab das norwegische Nobelpreiskomitee am Freitag in Oslo bekannt. Der vom Industriellen Alfred Nobel gestiftete Preis gilt als die wichtigste politische Ehrung der Welt und ist mit zehn Millionen Kronen dotiert.
In der Begründung führte die Vorsitzende des Nobelpreiskomitees, Berit Reiss-Andersen, an, dass während der Corona-Krise Mangelernährung ein zusätzlicher Risikofaktor geworden sei. Das WFP werde für die Bemühungen im Kampf gegen den Hunger und den damit verbundenen Beitrag zur Verbesserung der Bedingungen in Konfliktgebieten ausgezeichnet. Besonders in der Zeit, in der noch keine Impfung gegen das Coronavirus zur Verfügung stehe, sei ausreichende Ernährung eine Grundlage im Kampf gegen die Epidemie. Hunger zu verhindern sei eine Grundlage, um Stabilität und Frieden zu schaffen. Nahrungsmangel hingegen befeuere Konflikte und Instabilität.
Ein Sprecher des Welternährungsprogramms erklärte in einer ersten Reaktion, dies sei ein "stolzer Moment" für die Organisation. Es sei eine kraftvolle Erinnerung an die Welt, dass Frieden und die Hungerbekämpfung Hand in Hand gehen, schrieb das WFP auf Twitter.
David Beasley, der Chef des WFP, erklärte per Video lachend, zum ersten Mal in seinem Leben sei er sprachlos. Die Verleihung des Friedensnobelpreises sei unglaublich.
Aufruf an Milliardäre
Erst im September hatte Beasley vor dem UN-Sicherheitsrat die Milliardäre der Welt angesichts der Corona-Krise dazu aufgerufen, das Programm zu unterstützen. Es würden 4,9 Milliarden Dollar benötigt, um ein Jahr lang alle dreißig Millionen Menschen zu ernähren, die ohne Hilfe des WFP sterben würden, sagte Beasley. Es gebe etwa 2.000 Milliardäre weltweit, diese verfügten zusammen über etwa acht Billionen Dollar. Die Vermögen seien während der Pandemie noch stark gestiegen. Er sei nicht dagegen, wenn Personen Geld machen, sagte der frühere Gouverneur des US-Bundesstaats South Carolina. "Aber die Menschheit steht vor der größten Krise, die wir je in unserem Leben gesehen haben."
Das WFP wurde 1961 durch die UN-Generalversammlung und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gegründet und hat seinen Sitz in Rom. In den wichtigsten Geberstaaten gibt es Verbindungsbüros und mehr als siebzig Länderbüros für die Koordinierung der Hilfsprogramme.
318 Personen und Organisationen wurden bis zum Stichtag 1. Februar nominiert, gab das Komitee vorab bekannt. Die Listen der Nominierungen unterliegen jedoch strengster Geheimhaltung und bleiben fünfzig Jahre unter Verschluss. Der Gewinner wird von einer vom norwegischen Parlament eingesetzten Jury bestimmt.
Im Vorjahr wurde Abiy Ahmed Ali, der Ministerpräsident Äthiopiens, für seine Friedensbemühungen im Konflikt mit Eritrea ausgezeichnet.
Der Friedensnobelpreis ist der einzige Nobelpreis, der in Oslo vergeben wird. Hier wird er auch am 10. Dezember übergeben, dem Todestag Nobels. In welcher Form dies im Corona-Jahr 2020 durchgeführt wird, ist noch nicht klar – schließlich steht noch in den Sternen, ob der Gewinner auch tatsächlich anreisen kann. (Michael Vosatka, 9.10.2020)