Muchitsch, Babler
Offiziell wieder ein Herz und eine Seele: Gewerkschafter Josef Muchitsch (links) und SPÖ-Chef Andreas Babler erklären ihren Konflikt für erledigt.
REUTERS/LEONHARD FOEGER

Die Vorgeschichte ist Fluch und Segen zugleich. Unter normalen Umständen wären wohl nie so viele Medienvertreter zu einer gewöhnlichen Pressekonferenz der SPÖ im Parlament gekommen wie an diesem Dienstagmittag. Nur leider interessieren sich die Journalisten in erster Linie nicht für das von der Oppositionspartei vorgegebene Thema: die Sicherung des Pensionssystems.

Das liegt an der brisanten Konstellation. Vor die Kameras getreten sind SPÖ-Chef Andreas Babler und Josef Muchitsch, Sozialsprecher und Wortführer der sozialdemokratischen Gewerkschafter. Letzterem haben die Genossen zu verdanken, dass die ohnehin nie ganz verebbte Debatte über Kurs und Führung der Partei von neuem aufgekocht ist.

Kritik und klare Kante

Nicht etwa unter vier Augen, sondern öffentlich, in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung", hatte Muchitsch nach einer Änderung der Linie gerufen. Statt als linkes Schreckgespenst der Wirtschaft dazustehen, müsse Babler wirtschaftsaffiner auftreten, riet der Abgeordnete. Außerdem solle sich der Parteichef nicht allzu sehr auf Vermögenssteuern – langjährige Kernforderung der SPÖ – versteifen.

Ob es eine Aussprache gegeben habe? "Das wurde höher gekocht, als es war", erwidert Babler, er wolle sich mit "klarer Kante" lieber den Anliegen widmen, für die seine Partei stehe. Ihm tue leid, wie die Kritik angekommen sei, ergänzt Muchitsch – wiewohl er die Medien in ihrer freien Berichterstattung möge. Aber nun gelte: "Die Sache ist erledigt."

Heikler Häuslbauerbonus

Das gilt nicht für ein anderes intensiv diskutiertes Thema. Unter Beteiligung Muchitschs haben die Sozialpartner Vorschläge zur Ankurbelung des Wohnbaus vorgelegt – darunter eine Idee, die gerade auch wohlhabenden Menschen zugutekommen würde. Wer ein Haus baut, dem sollen bis zu 20 Prozent der Baukosten, maximal 100.000 Euro, erstattet werden.

"Klare Antwort: Nein", quittiert Babler die Frage, ob er sich damit anfreunden könnte. Die SPÖ verstehe sich zwar als "Partei der Häuslbauer" und sehe die Probleme, vor denen junge Menschen angesichts hoher Baukosten und Kreditaufwendungen bei der Existenzgründung stünden. Aber ein Eigenheimbonus wie dieser sei "kein sozialdemokratisches Modell".

Die kritisierte Förderung sei lediglich Teil eines "Ideenpapiers" der Sozialpartner, erklärt Muchitsch. Der "viel größere Hebel" liege im Ausbau der Wohnbauförderung. Das alles werde nun diskutiert, sagt er in Anspielung auf das von der türkis-grünen Koalition geplante Baukonjunkturpaket: "Am Zug ist jetzt die Regierung."

Pensionen in Verfassung

Handlungsbedarf sehen die beiden Spitzensozialdemokraten auch bei einem ihrer Herzensthemen – diesmal in unumstrittener Einigkeit. Babler und Muchitsch wollen die Grundsätze des gesetzlichen Pensionssystems in der Verfassung festschreiben lassen. Damit solle verhindert werden, dass andere politische Kräfte an den Ansprüchen auf eine "verlässliche" Altersversorgung zu rütteln beginnen.

Denn das passiere immer wieder, indem das Pensionssystem als unfinanzierbar gebrandmarkt werde, argumentiert Babler. Dabei sei die Prognose des von der EU-Kommission herausgegebenen "Ageing Report" von 2021, wonach die staatlichen Ausgaben für die Pensionen bis 2070 lediglich um 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen würden, der beste Gegenbeweis. Ein Bericht der heimischen Alterssicherungskommission zeichnete im Herbst 2022 ein ähnliches Szenario.

Weitere Forderungen zielen speziell auf die Frauen ab: Solange die Care-Arbeit großteils an ihnen hängenbleibe, würden sie aus Vollzeitjobs hinausgedrängt – mit niedrigen Pensionsleistungen als Folge. Deshalb: Ausbau der Kinderbetreuung plus eine bessere Anrechnung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten auf die Pension.

Auch die von ihm propagierte Arbeitszeitverkürzung sieht Babler als Baustein: Denn ohne einen solchen Schritt würden viele in aufreibenden, aber wichtigen Jobs wie Altenpflege und Behindertenbetreuung gar nicht bis zum regulären Pensionsalter von 65 Jahren durchhalten. (Gerald John, 20.2.2024)