Im Weinviertel gibt es weitläufige unterirdische Systeme, deren Funktion unklar ist. Im Erdstallmuseum unternimmt man Erklärungsversuche
Johanna Ruzicka
,
Althöflein liegt im Nordosten des Weinviertels, im Dreiländereck von Österreich, Slowakei und Tschechien. Das Kellerviertel der abgeschiedenen Ortschaft ist sehr ansprechend, die schönsten Presshäuser und Weinkeller stehen unter Denkmalschutz. Doch dieses Kellerviertel weist noch eine weitere Besonderheit auf: Der Kapellenberg, auf dem die Presshäuser locker verteilt stehen, ist durchzogen von sogenannten Erdställen. Diese sind nicht zu verwechseln mit den im Weinviertel allgegenwärtigen Weinkellern – obwohl beide in den Löss gehauene Gänge aufweisen.
Trotz umfangreicher Forschungen ist nicht klar, zu welchem Zweck die Erdställe gegraben wurden. Sicher ist, dass sie bei Kriegen oder Überfällen als Versteck oder als Rückzugsort dienten und als Lager genutzt wurden. Angelegt wurden diese unterirdischen Gangsysteme zwischen 950 und 1200 nach Christus. Obwohl sie Ställe heißen, sind sie nicht für die Haltung von Tieren gebaut worden – dafür wären sie vielfach zu niedrig und zu schmal.
In Althöflein befindet sich mit insgesamt 270 Meter Länge das größte bekannte Erdstallsystem im deutschsprachigen Raum. Es liegt innerhalb des kleinen Kapellenberges, eines alten, teilweise aufgeschütteten Hausbergs, der noch Reste einer Wehranlage mit Wällen aufweist. Auf dem Hügel steht durchaus anmutig die Georgskapelle, deren Ursprung bis ins Mittelalter zurückreicht. Vermutet wird, dass es von der Kapelle aus früher Zugang zu den Erdställen gab.
Mithilfe von EU-Geldern wurde das Erdstallmuseum eingerichtet und ein Labyrinth von schmalen Stollen, Röhren und Schächten teilweise begehbar gemacht. Ein 40 Meter langer Erdstall liegt hinter einem der Weinkeller gleich neben dem Museum. Im Zuge des Museumsbesuchs darf man den Gang besichtigen.
Ob Besucher manchmal Platzangst bekommen? "Na, ich pass auf, dass da nichts passiert", sagt Martin Bauer, der die Führungen leitet. Die älteste Person, die jemals die Röhren besichtigte, war eine 93-Jährige, erzählt er. Auch Besichtigungen extra für Kinder gibt es. Jedoch, und das ist klar, ein bisschen gelenkig zu sein schadet nicht. (Johanna Ruzicka, 22.4.2024)
Forum: 83 Postings
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.