Wer derzeit im Internet unterwegs ist, kann dem Bärentrend kaum entkommen.
IMAGO/Dominik Kindermann

"Wenn mich ein Bär angreift, glaubt man mir wenigstens", schreibt eine Frau in der Kommentarspalte eines Tiktok-Videos. Das Video des Popkultur-Accounts "screenshothq" stellt die provokante Frage: Wären Sie lieber mit einem Mann allein im Wald oder mit einem Bären? Acht Frauen werden befragt, manche von ihnen zögern ein wenig. Am Ende wählen sieben den Bären, nur eine entscheidet sich für den Mann.

Mittlerweile haben das Video 17 Millionen Menschen angesehen, über 70.000 haben es kommentiert. Eine Debatte entbrannte, die Überlegung "Mann oder Bär" wurde zu einem viralen Trend. Unter Hashtags wie "#ManOrBear" erklären Frauen, warum sie sich für den Bären entscheiden würden, und teilen Erfahrungen sexualisierter Gewalt. "Das Schlimmste, was einem passieren kann, wenn man mit einem Bären im Wald ist, ist, dass man umgebracht wird. Bei einem Mann kann noch Schlimmeres passieren", bringt es eine Frau auf den Punkt.

Der Bär dient hier als Metapher: Es geht in erster Linie darum, auf Gewalt gegen Frauen und ihr Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum aufmerksam zu machen. Das Unverständnis darüber ist vor allem bei Männern groß. "Meinen die das ernst?", schreiben sie in die Kommentare und: "Ist das Satire oder Dummheit?"

Reflexion auslösen

Wer genau den Trend ausgelöst hat, lässt sich nicht mehr sagen. Der Influencer "Call me BK" behauptet zumindest, er sei es gewesen. Er habe mit dem hypothetischen Szenario eine Reflexion bei Männern auslösen wollen. Sie sollten sich damit beschäftigen, warum die Welt für Frauen so anders aussieht als für sie, sagt er in einem Video. Die Reaktion vieler Männer auf den Trend würde zeigen, dass die Angst von Frauen berechtigt ist: "Ich will, dass die Welt sieht, dass Frauen millionenfach Gewalt angedroht wird, weil sie den Bären wählen."

Neben seriösen Annäherungen an das Thema, in denen anhand von Statistiken gezeigt werden soll, ob Bären oder Männer eine größere Gefahr für Frauen darstellen, wird das Internet auch mit Bären-Memes geflutet. "Was haben Bären eigentlich getan, um mit Männern verglichen werden zu müssen?", ist auf einem zu lesen.

Ob durch Memes oder Videos, in denen sexualisierte Gewalt geschildert wird – der vielschichtige Trend hat eine Debatte ins Rollen gebracht. Dass es notwendig ist, diese noch zu führen, zeigt ein Blick in die Gewaltstatistik: Jede dritte Frau ist in Österreich ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher beziehungsweise sexueller Gewalt ausgesetzt. Meist steht der Täter in einem Näheverhältnis zum Opfer. Frauen müssen also gar nicht in den Wald gehen, um einer ernsthaften Gefahr ausgesetzt zu sein. (Clara Wutti, 9.5.2024)