Eden Golan, Israels Kandidatin beim ESC 2024 in Malmö.
Aus "October Rain" der israelischen Kandidatin Eden Golan wurde mittlerweile der Song "Hurricane".
EBU/ Corinne Cumming

Pro: Heuchlerisches Scheinverbot

Beim Eurovision Song Contest sind politische Beiträge offiziell verboten. Dieses Verbot ist heuchlerisch. Auch 2024 ist der Song Contest nämlich wieder eine hochpolitische Veranstaltung. Tatsächlich vergeht kein Song Contest, ohne Politik.

Heuer geht es um den israelischen Beitrag von Eden Golan. Aus "October Rain", das den Terroranschlag der Hamas behandelte, wurde mittlerweile der Song "Hurricane". Wegen des Vorgehens im anhaltenden Krieg im Gazastreifen wurde von mehreren Seiten gefordert, Israel solle vom Song Contest ausgeschlossen werden.

Die Teilnahme von Israel setzt natürlich ganz unabhängig vom politischen Inhalt des Beitrags ein Zeichen. Ein Wettbewerb, in dem Länder zusammenkommen, zeigt immer auch, in welchem Verhältnis diese Nationen zueinander stehen – das soll auch so sein. 2022 war der Sieg der Ukraine beim Song Contest ein Zeichen des Zusammenhalts. Überstaatlichen Zusammenhalt zu zeigen ist immer politisch. Das Verbot politischer Beiträge ist daher sowieso nur ein Scheinverbot – es wäre an der Zeit, es aufzuheben. (Jakob Thaller, 10.5.2024)

Kontra: Keine politische Propagandaveranstaltung

Die Idee des unpolitischen Song Contest ist eine Mär? Hat immer schon nicht gestimmt? Ja, eben. Dann stellen Sie sich einmal vor, was los wäre, würde man politische Lieder offiziell erlauben. Das Spektakel, bei dem es – ausschließlich – ums friedliche Miteinander in Europa und darüber hinaus gehen soll, würde über kurz oder lang zu einer politischen Propagandaveranstaltung verkommen, die Gräben vertieft, Missgunst und Konflikte nährt.

Der Song Contest wäre ein willkommenes Einfallstor für all jene Regierungen (meist aus der rechtspopulistischen Ecke), die im Umgang mit der Kunstfreiheit schon jetzt bei jeder Gelegenheit übergriffig agieren, die die Kunst nur zu gerne in den Dienst ihrer chauvinistischen und revanchistischen Sache stellen wollen.

Außerdem würde man ein Problem verschärfen, das im Prinzip jetzt schon besteht: Wie politisch darf es denn sein? Wo zieht man Grenzen des Sagbaren? Erst beim Strafrecht oder schon beim Verlassen der diplomatisch gebotenen Zurückhaltung? Wer urteilt darüber? Politische Lieder offiziell zuzulassen wäre gefährlich, unverantwortlich und praktisch kaum durchführbar. (Stefan Weiss, 10.5.2024)